Über Besprechungen, die mehr sind, als nur ‘erfolgreich’

Manchmal geht es einfach nur um direkte, pragmatische Ratschläge und Ideen. Beispielsweise zum Thema „Meetings, Konferenzen, Diskussionsrunden & Workshops“. Auf dieses Thema haben sich viele Trainer, Coaches und Seminarleiter spezialisiert. Darüber hinaus gibt es umfangreiche Literatur, Podcasts und Webinare – fast immer, um zu erörtern, wie man die ungeliebten Meetings noch aktiver, intensiver, effektiver, moderierter und zeitsparender gestalten kann. Schneller, als man erwartet, sitzt man also schon wieder in einem Konferenzraum und sieht sich Statistiken darüber an, wie viele Stunden pro Woche und wie viele Tage pro Jahr der arbeitende Büromensch durchschnittlich im Konferenzzimmer verbringt und „Zeit verliert“.

 

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Auch wir Unternehmensberater können ein Lied davon singen. Im Verauf unserer Tätigkeit nehmen wir nicht nur an unzähligen und den unterschiedlichsten Sitzungen teil, sondern wir lernen auch grundverschiedene Chef-Typen, Gründer, Unternehmer und Abteilungsleiter kennen. Ganz gleich, ob Handelsunternehmen, Importeur, Winzer, Traditionsbetrieb, Nahrungsmittelproduktion, Chefkoch oder Investor – jeder von ihnen hat eine andere Vorstellung davon, warum, wie häufig und wie lange eine Besprechung abzulaufen hat.

Keine Frage: Meetings und Workshops sind ein wichtiger Bestandteil im beruflichen Alltag, aber nicht immer werden dabei Zeit, Mühe und Ressourcen bestmöglich eingesetzt. Viel zu oft laufen Besprechungen noch traditionell, bürokratisch oder stereotyp ab. Was aber macht ein ‘gutes’ oder ‘erfolgreiches’ Meeting wirklich aus? Der eingehaltene Zeitrahmen? Die angestrebte Effizienz? Das vermittelte Wissen? Die erreichten Teilziele? Die erfolgte Entscheidung? Und spielt es nicht auch eine Rolle, ob dass Arbeitstreffen informativ, kreativ und spannend war und die Teilnehmer im besten Fall sogar Spaß hatten? Während eines → Best Practice Kongresses im vergangenen Jahr diskutierten wir darüber, wie Unternehmen ihre Gruppenkommunikation besser und zeitgemäßer gestalten können.

Es gab spannende Erkenntnisse, die in meine Arbeit bei FOOD AND WINE CULTURE direkt eingeflossen sind. Zusammen mit meinen eigenen Erfahrungen aus 30 Berufsjahren habe ich die folgende Favoritenliste erstellt. Nicht jeder Tipp ist in jeder Situation anwendbar, aber schon kleine Veränderungen können dafür sorgen, dass aus routinemäßig verlaufenden Wochenmeetings spannende und produktive Besprechungen werden, die allen Beteiligten mehr Spaß machen.

Anmerkung: Immer häufiger finden Konferenzen und Workshops auch online, per Skype oder Facetime statt. Dieser Aspekt spielt in unserer Branche – abgesehen von einigen internationalen Unternehmen – noch eher eine untergeordnete Rolle. Daher gehe ich auf den Aspekt der Videokonferenz an dieser Stelle nicht weiter ein.

 

1  Schicken Sie Power Point in die Verbannung!

Ich bekomme jedes Mal die Krise, wenn der Redner in einem Meeting seine Präsentation als Stichwortgeber nutzt und über 30 quälende Minuten Wort für Wort von der Leinwand abliest. Bei zugetexteten Folien oder 7qm Leinwand angefüllt mit Excel-Tabellen im 8 Punkt Arial/Helvetica Format, verspüre ich den unmittelbaren Drang den Raum zu verlassen. Kein Wunder, dass da mancher Teilnehmer seine E-Mails bearbeitet, twittert, Filme guckt oder Spiele auf dem Handy spielt, während der Vortrag so dahinplätschert.

Sie müssen ja nicht gleich wie Steve Jobs präsentieren, aber langweilen Sie Ihre Kollegen nicht mit überfüllten Slides. Fotos und verständliche Grafiken ja, aber lange Texte nein!

 

2  Bringen Sie Menschen zusammen

Wenn der oder die Chef/in zum Abteilungs-Meeting ruft, sitzen nicht selten die gleichen Leute am Konferenztisch, die ohnehin den ganzen Tag im Büro zusammen sitzen. Ob dabei neue Ideen geboren werden oder spannende Diskussionen entstehen? Bei den meisten Sitzungen oder Konferenzen rege ich deshalb an, Kollegen aus einer anderen Abteilung, oder – sofern es nicht um vertrauliche Interna geht – auch mal Gäste und mögliche Querdenker einzuladen, die mit konstruktiven Vorschlägen und einer „Sicht von außen“ frischen Wind in die Diskussion bringen. Was hält der Produktionsleiter oder Kellermeister von den Ideen der Marketingabteilung? Wie findet der Außendienst die neue Homepage oder den geplanten Katalog? Anregungen, völlig andere Sichtweisen, konstruktive Kritik oder neue Standpunkte sind garantiert.

 

3  Stoppen Sie die Routine

Vielleicht steht so etwas in ähnlicher Form auch in Ihrem Kalender: “Jeden Montag 10.30 h: Besprechung Sales & Vertrieb, 90 Minuten einschließlich Reporting vom Außendienst”.

Oh je, wirklich? Kann sich nicht jeder aus dem Team die Zahlen selbst aus der Cloud laden? Der Verfasser kann die aufbereiteten Daten mit Kommentaren markieren, z.B. wo es wichtige Abweichungen gibt über die gesprochen werden muss. Dann kann ggfs. ein neues Meeting anberaumt werden, um in einer knappen halben Stunde offene Fragen zu klären, Lösungsvorschläge vorzutragen und Beschlüsse zu fassen.

Gerade bei regelmäßig stattfindenden Meetings besteht die Gefahr, dass es nur stattfindet, weil es immer so ist. Besser: Wenn nur Fakten kommuniziert – oder Entscheidungen abgenickt werden sollen, nutzen Sie die elektronische Kommunikation und verzichten auf das Treffen.

Denken Sie auch über gruppenbezogene Softwarelösungen, Boards und Projekttools nach, die viele Meetings und Mails überflüssig machen (WorkFlowy, Trello, Taskworld, Asana, Bitrix24, etc.)

 

4  Verlegen Sie den Konferenzraum

Lassen Sie die Notebooks und Tablets weg und verlagern Sie das Treffen zur Abwechslung in den Hof / auf die Parkbank / in den Garten / an den Fluss / in die Produktion / in den Wald / ins Feld / an den Strand. Ein wenig ‘out of the box thinking’ und Innovation bringen nicht nur Spaß sondern neuen Schwung in die Gedanken.

 

5  Stehtische und Zeitlimit

Finden Gespräche mit einem überschaubaren Thema in kleinen Gruppen (bis maximal 4 Personen) statt, bin ich ein großer Fan von Stehtischen. Bei einem gesetztem Zeitlimit von maximal 15 Minuten, abgeschalteten Telefonen und einem Notizblock (besser: Tablet mit Stift und GoodNotes App) sind alle Teilnehmer fokussiert und kommunizieren auf Augenhöhe und direktestem Weg miteinander.

 

6  Schriftliche Notizen: voher – während – danach

Mit einem festen Rahmen wird erfahrungsgemäß jedes Meeting zum Erfolg. Der verantwortliche Organisator sollte einige Tage vorab allen Teilnehmern Dauer, Teilnehmerliste, Agenda sowie das primäre Ziel des Meetings mitteilen und die notwendigen Unterlagen zur Vorbereitung beilegen. Sagen Sie Besprechungen ab, die nur vage oder gar nicht vorbereitet sind und keine klare Agenda haben – das ist in den meisten Fällen reine Zeitverschwendung.

Machen Sie sich während des Treffens persönliche Notizen. Damit meine ich nicht das übliche Protokoll des Schriftführers, mit dem Entscheidungen sichtbar dokumentiert werden, sondern Ihre persönlichen Gedanken zu einzelnen Punkten. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig Teilnehmer sich Dinge notieren und passiv auf die Präsentation oder in die Unterlagen starren. Dabei entstehen während einer Besprechung oftmals wichtige Ideen oder Impulse, die nur darauf warten, umgesetzt zu werden.

Aber Notizen sind nur der Beginn. Sie sollten schnellstmöglich in Aktions- oder To-Do Listen umgewandelt – und an die entsprechenden Abteilungen weitergegeben werden. Wenn Sie sich keine Notizen machen, haben Sie womöglich das Wichtigste schon wieder vergessen, noch bevor Sie den Konferenzraum verlassen haben.

Auch hierfür gibt es praktische Apps, die keinen nennenswerten Mehraufwand bedeuten. Wir bei FOOD AND WINE CULTURE arbeiten mittlerweile völlig papierlos und nutzen während unserer Meetings ein iPad und GoodNotes und senden unsere handschriftlichen Notizen noch im Besprechungsraum als umgewandelte PDF per Mail oder exportieren sie in ToDoist oder Evernote. Das dauert keine 10 Sekunden.

 

7  Fishbowl

Die Innen-/Außenkreis-Methode eignet sich besonders gut für großen Gruppen. Die Methode hat ihren Namen nach der Sitzordnung: sie gleicht einem Goldfischglas, um das die Teilnehmer im Kreis herumsitzen. Im Zentrum sitzt eine kleine Gruppe von ca. 6 Teilnehmern und diskutiert. Die anderen sitzen drumherum und beobachten die Diskutanten. Möchte jemanden von außen zur Diskussion beitragen, kann er mit einem Mitglied des Innenkreises tauschen. Durch den Wechsel von Zuhörer- und aktiver Sprecherrolle entsteht eine hohe Identifikation mit dem Thema und es entstehen oftmals völlig neue Ideen.

 

8  Neuen Ideen oder Einwänden Chancen geben

Hand aufs Herz: Wer kennt sie nicht, die Kollegen, die während einer Besprechung schweigen, passiv oder schüchtern rumsitzen, sich kaum an Diskussionen beteiligen oder grundsätzlich keine Meinung äußern, während die Dauerredner sich inszenieren und alle Zeit für sich in Anspruch nehmen. Gründe, warum sich mache Teilnehmer kaum zu Wort melden, gibt es viele. Sie

… hatten keine Zeit, sich professionell vorbereiten zu können
… haben Bedenken, etwas Falsches zu sagen oder Fehler zu machen
… befürchten, dass ihr Kommentar sie fachlich disqualifiziert
… werden durch die Null-Fehler-Toleranz des Managements eingeschüchtert
… sind anderer Meinung und wollen dem Chef nicht öffentlich widersprechen
… haben das Gefühl, dass ihre Meinung nichts zählt
… haben Angst, offen kritisiert oder heruntergemacht zu werden.

Ein Meeting ist kein Tribunal! Unterstützen Sie als Chef die Redebeiträge von „stillen Mitarbeitern“ ganz besonders und stellen Sie sich demonstrativ auf deren Seite. Schaffen Sie ein offenes Gesprächsklima und machen Sie unmissverständlich klar, dass Ihre Meetings auf einer positiven und kreativen Besprechungskultur basieren, dass keiner der Teilnehmer schlechtgemacht wird und dass kritische Anmerkungen, Denkanstöße und Fragen willkommen sind. Außerdem soll jeder Teilnehmer etwas sagen – und sonst fernbleiben. Nur so bekommen neue Gedanken eine Chance.

 

9  Feste Regeln

Damit Besprechungen oder Sitzungen erfolgreich verlaufen, sollten Sie in Ihrem Betrieb ein paar Grundregeln aufstellen. Wie diese im Detail aussehen, hängt von dem Unternehmen, der Branche, der Abteilung und vom Thema ab. Bei unserer Beratungstätigkeit haben sich folgende Richtlinien gut bewährt:

  • Einen engen Zeitrahmen setzen.
  • Pünktlich beginnen und nicht auf Trödler warten – auch nicht auf Führungskräfte.
  • Pünktlich aufhören. Dazu gehört auch ein sorgfältig geplanter Ablauf mit Pausen und Zeitpuffern für Diskussionen.
  • Diskussionen fördern – ein Treffen ohne offen Gedankenaustausch nennt man Monolog oder Schulung.
  • Das Thema überschaubar halten und fokussiert bleiben – das primäre Ziel des Meetings nicht aus den Augen verlieren.
  • Getroffene Entscheidungen und die verantwortlichen Leiter immer schriftlich fixieren.
  • Telefone ausschalten und das Bearbeiten von E-Mails während der Besprechung / Diskussion untersagen. Dauert das Meeting mehrere Stunden, können alle 60 Minuten Pausen von 10 Minuten für die Beantwortung von E-Mails, SMS und Anrufen eingeplant werden. Somit erhält beides seinen berechtigten Platz.

 

Gerne unterstützen wir Sie bei Ihren Planungen. Lassen Sie sich inspirieren:
www.foodandwineculture.com

 

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Software & Apps, die in diesem Artikel erwähnt werden:
Evernote
Trello
GoodNotes
ToDoist
→ WorkFlowy

 

Welche Erfahrungen haben Sie mit Meetings gemacht? Haben Sie Fragen oder vielleicht die eine oder andere Anregung für gelungene und „glückliche“ Meetings? Ich freue mich auf unseren Austausch in den Kommentaren.